Johann G. Herrmann – Geht hin, ihr gläubigen Gedanken

Geht hin, ihr gläubigen Gedanken,
Ins weite Feld der Ewigkeit,
Erhebt euch über all Schranken
Der alten und der neuen Zeit,
Erwägt, daß Gott die Liebe sei,
Die ewig alt und ewig neu.

2. Der Grund der Welt war nicht geleget,
Der Himmel war noch nicht gemacht,
So hat Gott schon den Trieb geheget,
Der mir das Beste zugedacht;
Da ich noch nicht geschaffen war,
Da reicht er mir schon Gnade dar.

3. Sein Ratschluß war, ich sollte leben
Durch seinen eingebornen Sohn,
Den wollt er mir zum Mittler geben,
Den macht er mir zum Gnadenthron,
In dessen Blute sollt ich rein,
Geheiliget und selig sein.

4. O Wunderliebe, die mich wählte
Vor allem Anbeginn der Welt
Und mich zu ihren Kindern zählte,
Für welche sie das Reich bestellt!
O Vaterhand, o Gnadentrieb,
Der mich ins Buch des Lebens schrieb!

5. Wie wohl ist mir, wenn mein Gemüte
Hinauf zu dieser Quelle steigt,
Von welcher sich ein Strom der Güte
Zu mir durch alle Zeiten neigt,
Daß jeder Tag sein Zeugnis gibt:
Gott hat mich je und je geliebt.

6. Wer bin ich unter Millionen
Der Kreaturen seiner Macht,
Die in der Höh und Tiefe wohnen,
Daß er mich bis hieher gebracht!
Ich bin ja nur ein dürres Blatt,
Ein Staub, der keine Stätte hat.

7. Ja freilich bin ich zu geringe
Der herzlichen Barmherzigkeit,
Womit, o Schöpfer aller Dinge,
Mich deine Liebe stets erfreut;
Ich bin, o Vater, selbst nicht mein,
Dein bin ich, Herr, und bleibe dein.

8. Im sichern Schatten deiner Flügel
Sind ich die ungestörte Ruh.
Der feste Grund hat dieses Siegel,
Wer dein ist, Herr, den kennest du.
Laß Erd und Himmel untergehn,
Dies Wort der Wahrheit bleibet stehn.

9. Wenn in dem Kampfe schwerer Leiden
Der Seele Mut und Kraft gebricht,
So salbest du mein Haupt mit Freuden,
So tröstet mich dein Angesicht;
Da spür ich deines Geistes Kraft,
Die in der Schwachheit alles schafft.

10. Du lässest auch vom Gut der Erden
Mir, was du willt, nach deinem Sinn,
Jedoch weit mehr zu teile werden,
Als ich im kleinsten würdig bin,
Mein Herz zerfleußt, wenn es bedenkt,
Wie treulich mich dein Auge lenkt.

11. Die Hoffnung schauet in die Ferne
Durch alle Schatten dieser Zeit,
Der Glaube schwingt sich durch die Sterne
Und sieht ins Reich der Ewigkeit,
Da zeigt mir deine milde Hand
Mein Erbteil und gelobtes Land.

12. O sollt ich dich nicht ewig lieben,
Der du mich unaufhörlich liebst?
Sollt ich mit Undank dich betrüben,
Da du mir Fried und Freude gibst?
Verließ ich dich, o Menschenfreund,
So wär ich selbst mein ärgster Feind.

13. Ach könnt ich dich nur besser ehren,
Welch edles Loblied stimmt ich an!
Es sollten Erd und Himmel hören,
Was du, mein Gott, an mir getan;
Nichts ist so köstlich, nichts so schön
Als, höchster Vater, dich erhöhn.

14. Doch nur Geduld. Es kommt die Stunde,
Da mein durch dich erlöster Geist
Im höchsten Chor mit frohem Munde
Dich, schönste Liebe, schöner preist;
Drum eilt mein Herz aus dieser Zeit
Und sehnt sich nach der Ewigkeit.

Quelle: Hymns of the 1912 Lutheran Hymnal for Church, School and Home Evangelical Lutheran Synod of Wisconsin and other States

Michael Weisse – Allmechtiger ewiger Gott

Allmechtiger ewiger Gott,
der du nach deinem besten rath
Deinen einigen lieben Son
für vns hast lassen busse thun:

Sih als ein lieber Vater an
dein volck, welchs nicht ruh haben kan,
Sonder nach deiner warheit forscht
vnd nicht leschen kan seynem dorst.

Weil es der Antichrist regirt
vnd es nur eytel jrthumb hört,
Weis es nicht, wie der rechte hirt
noch wo sein schaffstal funden wirt.

Du weist, welche du hast erwelt,
sichst auch, wie sie werden gekwelt,
Darumb ruff jn durch deine güt
vnd erfrew jr betrübt gemüt.

Thu jn kundt jr verfüretey
vnd zeig jn, was die warheit sey,
Erleucht jr hertzen allermeist
vnd regier sie mit deinem Geyst.

Vnd hilff jn durch dein Göttlich wort
zur rechten bus vnd new geburt,
Vnd durch den dienst inn deiner krafft
zu recht heyliger meinschafft.

Das sie also Heylig vnd rein,
dir verfügt vnd deiner gemein,
Geringer achten gut vnd ehr
denn deinen bund vnd trewe leer.

So aber jrgentz einer felt,
o Gott, der du jn hast erwelt,
Hilff, dz er nicht zu drömmern geh
sonder durch bus wider auffsteh!

O Christe, thu deinn besten fleis,
gib deinen schaffen gute speis,
Der blöden vnd schwachen nim war,
das inn kein vbel widerfar!

Die irrenden trag wider heim,
das sie bey dir weyden allein
Vnd keins ausser deinem schaffstal
den wolffen inn die halse fall.

O steh jn bey inn ferligkeit,
erhalt sie inn Gottseligkeit,
Biß das du mit dem Tode kompst
vnd jre seelen zu dir nimbst,

Sie zu halten bis an den tag,
wenn du seel vnd leib one klag
Vereyniget herrlich zu gleich
wirst füren inn dein Himelreich. Amen

Quelle

Tholuck, August – Wen hast Du Dir geladen

Mel. Herzlich thut mich verlangen.

Wen hast Du Dir geladen,
Mein Heiland, mild und gut,
Zu Deinem Tisch der Gnaden? –
Nicht, die voll Kraft und Muth,
Die Reichen nicht und Satten
Sind Dir willkommen dran; –
Die Kranken und die Matten
Ruffst Du voll Huld heran.

Da darf auch ich es wagen,
Und treten mit heran;
Ich müßte wohl verzagen,
Ging’s nur die Starken an.
Bei Dir, dem guten Hirten,
Stell ich voll Muth mich ein:
Du willst ja den Verirrten
Von Herzen gnädig sein.

Wohlan, im Bußgewande
Wag ich’s und komme auch;
Bei Dir geht’s nicht nach Stande
Und nicht nach Menschenbrauch.
Wen Andrer Thür abweiset,
Läß’st Du zu Deiner ein,
Und wer der Letzte heißet,
Der soll der Erste sein!

Neander, Joachim – Zeuch mich

Zeuch mich, zeuch mich mit den Armen
Deiner großen Freundlichkeit,
Jesu Christe, dein Erbarmen
Helfe meiner Blödigkeit;
Wirst du mich nicht zu dir ziehen,
Ach so muß ich von dir fliehen.

O du Hirte meiner Seelen,
Suche dein verirrtes Schaf;
Wem soll ich mich sonst befehlen?
Weck mich aus dem Sündenschlaf.
Guter Meister, laß mich laufen
Nach dir und nach deinem Haufen.

Wie ein Wolf den Wald erfüllet
Mit Geheul bei finstrer Nacht:
Also auch der Satan brüllet,
Um mich wie ein Löwe wacht.
Herr, er will dein Kind verschlingen,
Hilf im Glauben ihn bezwingen.

Seelenmörder, alte Schlange,
Tausendkünstler, schäme dich,
Schäme dich, mir ist nicht bange,
Denn mein Jesus tröstet mich;
Weil er ziehet, muß ich laufen,
Er will mich ihm selbst erkaufen.

Zeuch mich in den Liebesseilen,
Zeuch mich kräftig, o mein Gott,
Ach wie lange, lange Weilen,
Machst du mir, Herr Zebaoth;
Doch ich hoff in allen Nöthen,
Wenn du mich gleich wolltest tödten.

Mutterherze will zerbrechen
Ueber ihres Kindes Schmerz:
Du wirst dich an mir nicht rächen,
O du mehr als Mutterherz.
Zeuch mich von dem bösen Haufen,
Nach dir, Jesu, will ich laufen.

Mützell – Geistliche Lieder der evangelischen Kirche aus dem sechszehnten Jahrhundert

Spitta, Carl Johann Philipp – Es kennt der Herr die Seinen

1.Es kennt der Herr die Seinen
und hat sie stets gekannt,
die Großen und die Kleinen
in jedem Volk und Land.
Er lässt sie nicht verderben,
er führt sie aus und ein;
im Leben und im Sterben
sind sie und bleiben sein.

2.Er kennet seine Scharen
am Glauben, der nicht schaut
und doch dem Unsichtbaren,
als sah er ihn, vertraut;
der aus dem Wort gezeuget
und durch das Wort sich nährt
und vor dem Wort sich beuget
und mit dem Wort sich wehrt.

3.Er kennt sie als die Seinen
an ihrer Hoffnung Mut,
die fröhlich auf dem einen,
dass er der Herr ist, ruht,
in seiner Wahrheit Glänze
sich sonnet, frei und kühn,
die wundersame Pflanze,
die immerdar ist grün.

4.Er kennt sie an der Liebe,
die seiner Liebe Frucht
und die mit lauterm Triebe
ihm zu gefallen sucht;
die ändern so begegnet,
wie er das Herz bewegt,
die segnet, wie er segnet,
und trägt, wie er sie trägt.

5.So hilf uns, Herr, zum Glauben
und halt uns fest dabei;
lass nichts die Hoffnung rauben;
die Liebe herzlich sei!
Und wird der Tag erscheinen,
da dich die Welt wird sehn,
so lass uns als die Deinen
zu deiner Rechten stehn!

Lavater, Johann Caspar – Fortgekämpft und fortgerungen

Fortgekämpft und fortgerungen,
bis zum Lichte durchgedrungen
muß es, bange Seele, sein.
Durch die tiefsten Dunkelheiten
kann dich Jesus hinbegleiten;
Mut spricht er den Schwachen ein.

Bei der Hand will er dich fassen;
scheinst du gleich von ihm verlassen,
glaube nur und zweifle nicht!
Bete, kämpfe ohne Wanken;
bald wirst du voll Freude danken,
bald umgibt dich Kraft und Licht.

Bald wird dir sein Antlitz funkeln;
hoffe, harre, glaub im Dunkeln!
Nie gereut ihn seine Wahl.
Er will dich im Glauben üben;
Gott, die Liebe, kann nur lieben,
Wonne wird bald deine Qual.

Weg von aller Welt die Blicke!
Schau nicht seitwärts, nicht zurücke,
nur auf Gott und Ewigkeit;
nur zu deinem Jesus wende
Aug‘ und Herz und Sinn und Hände,
bis er himmlisch dich erfreut.

Aus des Jammers wilden Wogen
hat dich oft herausgezogen
seiner Allmacht treue Hand.
Nie zu kurz ist seine Rechte;
wo ist einer seiner Knechte,
der bei ihm nicht Rettung fand!

Schließ dich ein in deine Kammer,
geh und schütte deinen Jammer
aus in Gottes Vaterherz.
Kannst du gleich ihn nicht empfinden,
Worte nicht, nicht Tränen finden:
klage schweigend deinen Schmerz.

Kräftig ist dein tiefes Schweigen:
Gott wird sich als Vater zeigen;
glaube nur, daß er dich hört.
Glaub, daß Jesus dich vertreten,
glaube, daß, was er gebeten,
Gott, sein Vater, ihm gewährt.

Drum so will ich nicht verzagen,
mich vor Gottes Antlitz wagen;
Komm ich um, so komm ich um!
Doch mit ihm werd überwinden;
ich, wer sucht, der wird ihn finden:
das ist seiner Gnade Ruhm.

Hiller, Philipp Friedrich – Du, Gott, hast’s angefangen

Mel.: Zeuch ein zu Deinen Thoren.

1.
Du, Gott, hast’s angefangen, Das gute Werk in mir,
Mein erstes Heilsverlangen War, Vater, schon von Dir,
Das ganze Werk ist Dein, Du prüfest Herz und Nieren;
Du wirst es auch vollführen: Ich darf versichert sein.

2.
Du, HErr, hast’s angefangen, Du hast mich Gott versühnt,
Bist in den Tod gegangen, Hast mir im Blut gedient,
Dein Leben ist in mir; Du wirst es auch vollführen,
Du wirst mich nicht verlieren: Der Vater gab mich Dir.

3.
Du, Geist, hast’s angefangen, Den Glauben wirktest Du,
Ich kann an Jesu hangen, Du gibst mir Kraft dazu,
Das Abba lehrst Du mich, Du läß’st mich Freude spüren;
Du wirst es auch vollführen, Zum Pfande hab’ ich Dich.

4.
Hast Du es angefangen, Mein Gott, so führ’ es fort;
So bringt die List der Schlangen Mich nicht von Deinem Wort,
Worauf ich’s glaubig wag’. Ja, ja, Du wirst’s vollenden;
Ich bin in Deinen Händen Bis an den jüngsten Tag!

Gellert, Christian Fürchtegott – Auf Gott und nicht auf meinen Rat

Auf Gott und nicht auf meinen Rat
will ich mein Glück hier bauen
und dem, der mich erschaffen hat,
mit ganzer Seele trauen.
Er, der die Welt
allmächtig hält,
wird mich in meinen Tagen
als Gott und Vater tragen.

Er sah von aller Ewigkeit,
wieviel mir nützen würde,
bestimmte meine Lebenszeit,
mein Glück und meine Bürde.
Was zagt mein Herz?
Ist auch ein Schmerz,
der zu des Glaubens Ehre
nicht zu besiegen wäre?

Gott kennet, was mein Herz begehrt,
und hätte, was ich bitte,
mir gnädig, eh’ ich’s bat, gewährt,
wenn’s seine Weisheit litte,
er sorgt für mich
stets väterlich.
Nicht, was ich mir ersehe,
sein Wille, der geschehe.

Ist nicht ein ungestörtes Glück
weit schwerer oft zu tragen
als selbst das widrige Geschick,
bei dessen Last wir klagen?
Die größte Not
hebt doch der Tod,
und Ehre, Glück und Habe
verläßt mich doch im Grabe.

An dem, was wahrhaft glücklich macht,
läßt Gott es keinem fehlen;
Gesundheit, Ehre Glück und Pracht
sind nicht das Glück der Seelen.
Wer Gottes Rat
vor Augen hat,
dem wird ein gut Gewissen
die Trübsal auch versüßen.

Was ist des Lebens Herrlichkeit?
Wie bald ist sie verschwunden!
Was ist das Leiden dieser Zeit?
Wie bald ist’s überwunden!
Hoff auf den Herrn,
er hilft dir gern;
seid fröhlich, ihr Gerechten,
der Herr hilft seinen Knechten!

Weitere Texte des Autoren in der Glaubensstimme

Franck, Salomo – Ich bin im Himmel angeschrieben,

Auf meinen erwählten Leichentext.

Freuet euch, daß eure Namen im Himmel angeschrieben sind.
Luc. 10, 20.

Mel. Wer nur den lieben Gott.

Ich bin im Himmel angeschrieben,
Ich bin ein Kind der Seligkeit;
Was kann die Sünde mich betrüben,
Und alles Leiden dieser Zeit?
Ich weiß, daß ich von Anbeginn
In Christo auserwählet bin.

Das Lamm hat mich mit seinem Blute
Gezeichnet in das Lebensbuch,
Und mir erlangt das höchste Gute,
Erlösung von dem Tod und Fluch.
Was ist doch, das mein Herze quält?
Ich bin zum Himmel auserwählt.

Was schreckt mich des Gesetzes Wetter?
Ich seh in’s Lebensbuch hinein,
Wo Christi Wunden rothe Blätter,
Die Schriften Speer und Nägel sein;
Hier les ich, was mir Tröstung giebt:
„Dich hab ich je und je geliebt!“

Ist gleich das schwarze Buch der Sünden,
Mein Schuldregister noch so voll;
Mein Heiland läßt mich Gnade finden;
Er zeigt das Lebensprotocoll;
Da seh ich meine Gnadenwahl,
Und steh in seiner Kinder Zahl.

Auf Jesum will ich fröhlich sterben,
Ich will des Glaubens Hochzeitkleid
Nur in des Lammes Blute färben;
So geh ich ein zur Seligkeit,
Und zu dem großen Abendmahl;
O freudenvolle Gnadenwahl!

Kein Teufel soll den Trost mir rauben,
Daß ich erwählt von Anbeginn;
Daß ich aus Gnade durch den Glauben
An Christi Blut erlöset bin.
So leb ich denn, und sterbe drauf;
Auf Jesum schließ ich meinen Lauf.

Schauer – Salomo Francks geistliche Lieder